In diesem Zusammenhang ist auch die Bezeichnung „Arbeit“ für die Versammlungen von Freimaurern zu verstehen. Allerdings mit dem Unterschied, dass in unseren heutigen Bauhütten, das ist ein anderer gebräuchlicher Begriff für unsere Arbeits- oder Versammlungsräume, nicht mehr rohe Steinblöcke zu rechtwinkligen Quadern behauen werden, sondern wir als das Baumaterial unserer Arbeit den Menschen sehen, den es gilt, von seiner natürlichen Triebhaftigkeit zu befreien und zu einem der Sittlichkeit verpflichteten Charakter zu formen.
Der äußere Rahmen nach dem die freimaurerischen Arbeiten sich gestalten, wird durch die RITUALE festgelegt. Im privaten und öffentlichen Leben werden wichtige Ereignisse dadurch aus dem Alltag herausgehoben, in dem sie besonders feierlich begangen werden. Denken Sie an Ihre eigene Kommunion oder Konfirmation oder an Ihre Eheschließung; oder denken Sie an Amtseinführungen, Parlamentseröffnungen oder an Staatsbesuche hochrangiger Repräsentanten. Bei alle diesen Gelegenheiten erleben wir feierliche „Zeremonien“, über deren festgeschriebenen Ablauf das Familienoberhaupt, ein Protokollchef oder in Monarchien ein Zeremonienmeister wacht. Im christlichen Gottesdienst nennen wir diesen geregelten Ablauf „Liturgie“. RITUALE sind nun beileibe keine Erfindung der Freimaurer. Rituale benutzten schon die alten Mysterienbünde bei ihren Einweihungsriten z.B. im alten Ägypten, im Orient oder im antiken Griechenland. Ihr Bestreben war darauf gerichtet, durch Sich-Versenken, durch Kontemplation und Meditation, also durch geistige Schau, sich dem Göttlichen zu nähern. Rituale zur Anrufung von Göttern oder zur Beschwörung von Geistern können wir noch heute bei fast allen Naturvölkern beobachten.
Rituale unterscheiden sich von den Zeremonien, die rein weltliche feierliche Handlungen sind, dadurch, dass sie von ihrem Ursprung her einen religiös-spirituellen Hintergrund oder ein religiös-spirituelles Ziel haben. Dies gilt für den Zweig der humanitären Freimaurerei aber nur mit der Einschränkung, dass unsere rituellen Arbeiten zwar „in Ehrfurcht vor dem großen Baumeister der Welten“ durchgeführt werden, sich inhaltlich aber nur mit dem Diesseits des Lebens befassen und nichts verkündigen oder gar verheißen, was sich auf das Jenseits bezieht.
Ähnliche Einschränkungen sollten wir auch machen und Zurückhaltung üben bei der Verwendung von Begriffen wie „Kult“ oder „Mysterien“. Sie bergen die Gefahr in sich, die Gedanken oder die Phantasie von Uneingeweihten in eine falsche Richtung zu lenken. Wir müssen immer bedenken, dass Freimaurerei absolut nichts Übersinnliches an sich hat, sondern dass das einzige Feld, welches sie beackert, die ETHIK ist. Was den schon angesprochenen religiösen Hintergrund von Ritualen betrifft, so ist naheliegend, dass die Arbeiten an kirchlichen Bauten für kirchliche Bauherren auch großen Einfluss auf die Lebenseinstellung der Bauleute gehabt haben muss und ihr Brauchtum mit geprägt haben. Nach dem bisher Geschriebenen werden Sie sich denken können, dass es dagegen eine religiöse Zielsetzung bei freimaurerischen rituellen Arbeiten nicht gibt und auch nicht geben kann.